Wind, Sand und Meer, dazu viel Küste und ein Seemann und schon sind wir an der Nordsee – die beste Kulisse um Fisch zu verkaufen.

Die Nordsee ist mit ihrem Charakter weltweit einzigartig und unverwechselbar. In einem aktuellen Rechtsstreit ist die Frage aufgekommen, ob eine Firma dieses Scenario für die Werbung ihrer Produkte allein beanspruchen kann.

Zwei bekannte konkurrierende Firmen aus Norddeutschland bewerben ihre tiefgekühlten Fischprodukte mit Nordsee-Motiven und streiten sich nun um die Rechte daran.

Urteil

Das Landgericht München I, urteilte am 03.12.2020, dass allgemeine Ideen oder Motive, wie etwa der Himmel, das Wetter, Meere sowie Küsten, freihaltebedürftig seien und nicht vor Nachbildung geschützt werden könnten. Es sei naheliegend, Fischprodukte mit Küstenbildern zu bewerben.

Der Streit

Die Firma Iglo hat mit Käpt´n Iglo in den 1980er Jahren eine Werbefigur geschaffen, die über die Jahre prominent geworden ist. Käpt´n Iglo ist ein älterer lächelnder, braungebrannter Herr mit weißem Bart in Kapitänskleidung inklusive Kapitänsmütze.

Die Firma Appel Feinkost verkauft ebenfalls Fischprodukte und zeigt auf ihrer Werbung einen älteren Herrn mit grauem Bart. Der Mann lächelt ist braungebrannt, maritim gekleidet und trägt eine Elblotsen-Mütze.

Iglo wirft Appel nun vor, Ihren Käpt’n Iglo nachzuahmen, befürchtet Verbraucher verwechseln die Werbefiguren miteinander. Das sei irreführend und verstoße gegen § 4 Nr. 3a, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Appel dagegen ist der Auffassung, „…dass es sich nicht um eine Nachahmung unter Ausnutzung der Bekanntheit und des Markterfolgs der Werbefigur und -konzeption des Käpt’n Iglo handelt…“

Iglo verklagte Appel Feinkost schließlich auf Unterlassung mit dem Vorwurf: Appel Feinkost würde eine ähnliche Werbefigur vor ähnlicher Kulisse einsetzen.

Das Landgericht München I gab Appel Feinkost Recht und wies die Klage von Iglo zurück.

Begündung des Urteils

Die Nordsee mit Ihren Charaktereigenschaften ist freihaltebedürftig. Himmel, Meer, Wetter und Küste sind allgemeine Motive. Das heißt, eine Firma darf nicht das alleinige Recht beanspruchen mit allgemeinen Motiven der Nordsee zu werben.

Als weiteren Grund für ihre Entscheidung führten die Richter an, dass sich die Appel-Werbung genug unterscheidet von der Iglo-Werbung. Appel ahmt somit die Waren des Mitbewerbers nicht nach und führt die Kunden auch nicht in die Irre.

Werbefigur

Die Kleidung der Appel-Werbefigur sei keine Seemannskleidung sondern lediglich maritime Kleidung. Die Richter trauen den Verbrauchern zu, die Werbefiguren zu unterscheiden. Im Urteil Az. 17 HK O 5744/20 heißt es, dass die Appel-Werbefigur keinen Seemann zeigt, sondern einen „distinguierten, gut situierten Herren in einem eleganten Dreiteiler mit Seidenschal“.

Werbung mit älteren Leuten, also werbesprachlich „Best Agern“ ist heute nicht nur sehr beliebt, sondern auch weit verbreitet. Iglo kann seiner Konkurrenz nicht verbieten mit einem älteren Herrn zu werben.

Außerdem kennzeichnet die Firma Appel Feinkost ihre Werbung ausreichend mit ihrem Logo, so dass der Herr in keiner Verbindung mit Iglo steht. Bart und Mütze sind keine exklusiven Charakterzüge.

Eine Verwechslungsgefahr mit der prominenten Fischstäbchen-Werbefigur besteht somit nicht.

Firmenhauptsitz als Werbekulisse

Für die Horak Rechtsanwälte mit dem Schwerpunkt Wettbewerbsrecht und Hauptsitz in Hannover, ist der Fall interessant:

„Appel Feinkost war einer der großen Traditionsbetriebe Hannovers, und stand in einer Reihe mit Unternehmen wie Bahlsen, Pelikan oder Hanomag. Die 1879 in Hannover gründete Firma war jahrzehntelang Deutschlands größter Delikatessenbetrieb. Fast 100 Jahre residierte die Firma mit ihrem Hauptsitz am Engelbosteler Damm in Hannovers Nordstadt. Anfang der 1970er warb sogar Heinz Erhardt als Werbefigur in einem TV-Spot für Appel.“ erklärt Rechtsanwalt Dipl.-Ing. Michael Horak, LL.M., Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Urheberrecht und Medienrecht.

Heute sitzt die Firma Appel Feinkost in Cuxhaven. Die neue Werbung zeigt im Hintergrund den bekannten Leuchtturm an Cuxhavens Nordseeküste. Iglos Firmensitz ist in Hamburg, dort fehlt der Leuchtturm. Der Cuxhavener Leuchtturm ist ein weiteres signifikantes Unterscheidungsmerkmal für die Richter der unter anderem auf das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb spezialisierten 17. Handelskammer des Landgerichts München.

Ausblick

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt spannend, wie die Firma Iglo reagiert.

Streit um die Nordsee

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