Im Jahr 2024 gab es einige bedeutende Änderungen und Anpassungen im Wettbewerbsrecht, insbesondere im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie durch europäische Vorgaben, die das deutsche Recht beeinflusst haben. Hier sind die wichtigsten Neuerungen:
1. Einführung strengerer Vorschriften gegen Greenwashing
- Hintergrund: Aufgrund zunehmender Kritik an irreführenden Umweltwerbeaussagen wurden neue Vorschriften eingeführt, um Verbraucher besser vor Täuschung zu schützen.
- Änderungen im UWG:
- Erweiterung von § 5 UWG (Irreführende geschäftliche Handlungen): Aussagen über Umweltvorteile eines Produkts müssen jetzt durch nachvollziehbare, objektive und wissenschaftlich fundierte Nachweise belegt werden.
- Einführung eines neuen Tatbestands in § 5a UWG, der irreführende Unterlassungen bei Umweltangaben sanktioniert, z. B. das Verschweigen von negativen Umweltauswirkungen.
- Praktische Auswirkungen:
- Unternehmen müssen Umweltwerbung präziser gestalten und auf unabhängige Nachweise zurückgreifen.
- Werberechtler sollten Unternehmen bei der Überprüfung ihrer Werbeaussagen unterstützen.
2. Stärkere Regulierung von Plattformen und Influencern
- Änderungen im UWG:
- § 6 UWG (Vergleichende Werbung): Plattformen, die den Preisvergleich ermöglichen, müssen transparenter über Algorithmen und Kriterien der Preisgestaltung informieren.
- Verschärfung der Regelungen für Influencer-Marketing: Werbung muss eindeutig als solche gekennzeichnet werden, selbst wenn es sich um „freundschaftliche Empfehlungen“ handelt.
- Praktische Auswirkungen:
- Influencer und Plattformbetreiber müssen ihre Werbeaktivitäten detaillierter kennzeichnen.
- Werberechtler sollten Unternehmen und Influencern klare Leitlinien zur Werbekennzeichnung an die Hand geben.
3. Einführung der „Omnibus-Richtlinie“
- Hintergrund: Umsetzung der EU-Omnibus-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2161) in nationales Recht.
- Änderungen im UWG:
- Erweiterung der Sanktionen bei Verstößen: Für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 1,25 Millionen Euro wurde eine Höchstgrenze für Bußgelder eingeführt, die bis zu 4 % des Jahresumsatzes betragen kann.
- Neue Vorschriften zur Transparenz bei Online-Bewertungen:
- Betreiber von Bewertungsplattformen müssen offenlegen, ob und wie Bewertungen auf Echtheit geprüft werden.
- Erweiterung der Informationspflichten bei Sonderangeboten und Rabatten: Unternehmen müssen jetzt klarstellen, wie der ursprüngliche Preis vor der Ermäßigung festgelegt wurde.
- Praktische Auswirkungen:
- Höhere Bußgelder erhöhen den Druck auf Unternehmen, wettbewerbsrechtliche Vorgaben einzuhalten.
- Werberechtler sollten Unternehmen helfen, die Transparenzanforderungen umzusetzen.
4. Erweitertes Verbot von aggressiven Geschäftspraktiken
- Änderungen im UWG:
- § 4a UWG (Aggressive geschäftliche Handlungen): Die Definition von „unangemessenem Druck“ wurde präzisiert und umfasst nun auch algorithmische Preissteuerung, die gezielt Schwächen oder Notlagen von Verbrauchern ausnutzt.
- Praktische Auswirkungen:
- Unternehmen müssen algorithmische Preisgestaltung auf potenziell unlautere Praktiken hin überprüfen.
- Werberechtler sollten Compliance-Programme für KI-gestützte Preisstrategien entwickeln.
5. Datenschutz und Wettbewerbsrecht
- Verknüpfung von UWG und Datenschutzrecht:
- Durch die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wurde klargestellt, dass Wettbewerber Datenschutzverstöße von Konkurrenten abmahnen können (siehe EuGH-Rechtssache C‑21/23).
- Das UWG wurde dahingehend angepasst, dass Datenschutzverstöße als unlautere Handlung gemäß § 3a UWG (Rechtsbruch) gewertet werden können, wenn sie Marktteilnehmer betreffen.
- Praktische Auswirkungen:
- Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre datenschutzrechtlichen Praktiken den Vorschriften entsprechen.
- Werberechtler sollten Datenschutz und Wettbewerbsrecht gemeinsam prüfen, insbesondere im Online-Marketing.
6. Anpassungen bei Sonderveranstaltungen und Rabatten
- Änderungen im UWG:
- Neuregelungen in § 5a Abs. 3 UWG: Rabatte und Sonderveranstaltungen wie „Black Friday“ oder „Cyber Monday“ müssen klar angeben, wie lange Angebote gültig sind und welche Bedingungen gelten.
- Praktische Auswirkungen:
- Unternehmen müssen ihre Werbung für Sonderveranstaltungen noch detaillierter gestalten.
- Werberechtler sollten Formulierungen in Marketingkampagnen vorab prüfen.
Rolle der Werberechtler
- Beratung und Compliance: Unternehmen bei der Einhaltung neuer Vorschriften unterstützen, z. B. bei Umweltwerbung, Influencer-Marketing oder algorithmischen Preisstrategien.
- Rechtsverteidigung: Abwehr von Abmahnungen und Klagen im Wettbewerbsrecht.
- Schulungen: Mitarbeiterschulungen zu neuen rechtlichen Anforderungen.
- Prüfung von Marketingstrategien: Sicherstellen, dass alle Werbe- und Verkaufsmaßnahmen rechtskonform sind.
Diese Änderungen verdeutlichen, dass das Wettbewerbsrecht zunehmend auf Transparenz, Verbraucherschutz und die Regulierung neuer Technologien ausgerichtet ist. Unternehmen sollten sich aktiv mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen, um rechtliche Risiken zu vermeiden.